Design

Werden Designer falsch ausgebildet?

In vielen Gesprächen mit Gleichgesinnten diskutierte ich über das reale Berufsbild des Designers, abseits der Ausbildung bzw. des Studiums. Hier die Erkenntnisse.

Im Laufe der letzten Monate habe ich eine Menge Gespräche mit ehemaligen Kommolitonen (Studium Kommunikationsdesign), Studenten anderer FHs und Auszubildenden im Bereich Design (Mediengestalter) geführt. In diesen Gesprächen ging es darum, ob man in seinem Beruf als Designer glücklich sei. Die Antwort war ernüchternder Weise weitestgehend unisono: „Nicht so richtig“.

Kaum jemand sagte: „Super! Macht mir richtig Spaß“. Fast ausnahmslos war es eher ein wehmütiges „Passt schon“. Die großen Kritikpunkte am eigenen Job (egal ob selbständig oder angestellt) sind in erster Linie:

  • Viel Arbeit und Überstunden bei geringer Bezahlung
  • Ungeregelte Arbeitszeiten
  • Dauerhaftes „bildschirmstarren“
  • Häufiger Agentur- und damit meist Wohnortwechsel
  • Sich vor Kunden dafür rechtfertigen, dass Design Geld kostet

Natürlich gibt es in jedem Berufsbild Vor- und Nachteile. Den Traumberuf in dem alles von Vorne bis Hinten passt wird es wohl nur in glücklichen Konstellationen geben. Dennoch empfinde ich die „scheinbare“ und die „wirkliche“ Welt des Designers auffällig konträr.

FHs werden von angehenden Design-Studenten überrannt. Aufnahmeprüfungen sieben mehr oder weniger willkürlich eine Hand voll Glücklicher aus und auch zur Ausbildung als Mediengestalter gehört Durchhaltevermögen bis man eine Stelle in einem ansprechenden Betrieb findet. Der Wunsch, Design zum Beruf zu machen ist also im Vorfeld mehr als groß. Erzählt man Bekanntschaften von seinem Tun und Schaffen hört man meist ein „Wow. Cool. Das ist ja voll spannend“, oder „Das hätte ich auch gerne gemacht, aber ich bin da nicht kreativ genug für.“ Während meines Studiums habe ich solche Kommentare in der Tat noch mit einem gewissen Stolz aufgenommen und mir gedacht. „Jep, das ist super. Ich freue mich auch. Macht total Spaß. Traumlos…bingo!“ Man selbst im inneren Kreis der Kreativ-Elite…

Wie kommt es dann nun aber zu dem Bruch, dass so viele Designer im wirklichen Berufsleben auf einmal resignieren, mit Ihrem Beruf hadern, andere Berufsmöglichkeiten recherchieren oder gleich ein Zweitstudium beginnen?

Schlechte Vorbereitung im Studium?

Während meines Studiums konnten wir frei herumspielen. Kreativ sein. Wir hatten lange Zeit für einzelne Projekte, es gab keine wirklichen Vorgaben außer einem Thema, das wir uns mitunter sogar noch selber erfinden konnten. Wir sollten die eigene Kreativität fördern und durch konzeptionelles Herangehen „kanalisieren“. Das sind natürlich tolle Voraussetzungen um Spaß an der Arbeit zu haben, aber sie sind auch vollkommen realitätsfern. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, öfter einmal reale Bedingungen zu erleben:

„Morgen will ich 2 Ansätze für Projekt X auf dem Tisch liegen haben“. „Entwickelt für Firma Y einen Flyer. Hier sind die Styleguides. Lest Euch die 50 Seiten mal durch und macht keine Fehler! Der Kunde vertraut, dass Ihr dessen Styleguide kennt. Er tut es nämlich nicht!“

Natürlich macht man hier und da auch Praktika. Aber ehrlich. Welcher Praktikant erlebt schon den richtigen Alltag im Büro mit. Meistens bekommt man doch die eher weniger verantwortungsvollen Aufgaben und muss auch selten bis in die Nacht Überstunden schieben. (Gut, auch hier gibt es sicherlich Ausnahmen).

Willkommen in der Berufswelt

Kommen wir zu dem Arbeitsumfeld. Kreative Berufe sind die Überstundenberufe schlechthin. Und dazu in aller Regel auch noch unbezahlte Überstundenberufe. Wenn ich davon höre, wie andere Freunde geregelte acht Stunden am Tag arbeiten, pünktlich Feierabend machen und dann den Spätnachmittag und Abend bequem frei planen und gestalten können, dann werde ich neidisch. Da gibt es nichts zu lamentieren.

Die im Studium genossene kreative Freiheit reduziert sich schnell auf ein Minimum. Gerade in Agenturen, die größere Kunden bedienen (Audi, Siemens, …) gibt es strikte Styleguides, die befolgt werden müssen. Richtlinien wälzen anstatt mit Farbe und Formen experimentieren. Der vorgesetzte Art Director sagt zudem, wo es entlang geht. Eigene Ideen sind gut, solange sie dessen Geschmack treffen. Und den des nächst höheren Kreativen.

Ich will an dieser Stelle nun nicht über die Kreativ-Arbeitslandschaft herziehen. Diese „Standards“ haben sich etabliert. Damit lebt man, oder eben nicht. Ausschlaggebend für mich ist weiterhin die Tatsache, wie kann man angehende Designer besser auf das vorbereiten, dass sie erwartet?

Wenn man ehrlich und nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, bekommt man bei etwas Recherche im Vorfeld ja mit, das es viele Überstunden gibt. Auch das man nicht die Bezahlung eines Mehdorn erhält (trotz vermutlich besserer Leistung…). Dennoch redet man sich ein: „Ach, das wird alles schon nicht so schlimm. Ich packe das“. Optimismus ist da definitiv ein hartnäckiger Begleiter.

«Designer sein heißt Idealist sein» sagt man ja so schön. Aber wäre es nicht schön, dem Idealismus noch ein wenig mehr Realismus einzupflanzen und somit für weniger Überraschung und Unzufriedenheit zu sorgen? Oder ist das ein Prozess der Umorientierung, den jeder Berufseinsteiger innerhalb der ersten Jahre zwangsläufig machen muss.

Was ist Deine Meinung?

Wie siehst Du die Sache? Warst Du mit Deiner Ausbildung zufrieden? Ht sie dich ausreichend auf das Berufsleben vorbereitet?

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