Das Formgitter in Photoshop erlaubt es, Bilddaten flexibel und effektiv zu transformieren. Die nötigen Kniffe dazu lernst Du hier.
Was Du schon wissen solltest:
- Grundlagenwissen Photoshop
- Arbeiten mit Ebenen
Was Du benötigst:
- Bildvorlagen für den Workshop
- Photoshop CS5 oder neuer
Die Evolution des Transformierens in Photoshop
Die Anfänge des Transformierens in Photoshop waren eher spärlich. Eines der ursprünglichsten Werkzeuge hierfür war der Verzerrungsfilter Verbiegen, der unter besonderen Umständen als brauchbarer Effekt herhalten konnte. Eine Kontrollierte Verzerrung bestimmter Bildpartien war damit jedoch nie möglich.

Über Bearbeiten > Transformieren bestand immerhin schon lange die Möglichkeit, die Grundform eines Objekts zu verzerren, doch auch hier beschränkte sich die Anpassung lineare Anpassungen. Mit Photoshop 7 wurde der Verflüssigen-Befehl ins Filter-Menü integriert. Dieser erlaubt nach wie vor recht detaillierte Anpassungen, ist jedoch in der Bedienung wenig intuitiv.
Als nächstes folgte der Verkrümmen-Befehl, der sich im Transformieren-Modus über ein kleines Icon in der Optionsleiste zuschalten lässt (2). Hiermit sind auch bogenförmige Modifikationen möglich, so dass der Nutzenfaktor damit immens steigt, gerade was perspektivische Verzerrungen betrifft.

Der nächste wirklich große Wurf kam mit Version CS5 und dem Formgitter. Dieses ist weniger als Ablöse, sondern als sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen Werkzeugen zu betrachten. Während das freie Transformieren und Verkrümmen ein Objekt im gesamten, bzw. dessen Kanten beeinflussen, ermöglicht das Formgitter detaillierte Anpassungen in ein Objekt hinein. Wie das funktioniert möchte ich Dir in diesem Artikel demonstrieren.
Das Formgitter im Überblick
Im Folgenden stelle ich dir die generelle Arbeitsweise des Formgitters vor. Im Anschluss folgen drei Praxisbeispiele. Das Arbeitsmaterial für den Artikel kannst oberhalb des Artikels geladen werden.
Das Formgitter kannst Du auf eine gesamte Ebene, Ebenenmaske oder eine bestehende Auswahl anwenden. In der Praxis wird es sich für Dich als nützlich erweisen, wenn das zu verzerrende Motiv auf einer separaten Ebene freigestellt ist (3), da Du so keine Rücksicht darauf nehmen musst, dass die Umgebung nicht versehentlich verzerrt wird.

Tipp: Smart-Objekte erstellen
Mit dem Formgitter manipulierst Du, wie mit jedem anderen Transformationswerkzeug auch, die vorhandenen Bildpixel. Damit die Qualität nicht mit jeder nachträglichen Anpassung leidet, ist es sinnvoll, ein Motiv erst über Ebene > Smart-Objekte > In Smart-Objekt konvertieren in ein Smartobjekt zu wandeln. Jede Anpassung wird somit vom Originalmotiv aus berechnet.
Basierend auf dem Motiv das verzerrt werden soll (4), erstellt Photoshop ein netzartiges Gitter über einer bestehenden Auswahl bzw. einer gesamten Ebene. Die einzelnen Segmente des Gitters wichtige Stütz- und Bezugspunkte zur Berechnung des Ergebnisses der Verzerrung. Anhand manuell gesetzter gelber Pins (5) werden gezielt Bildbereiche festgesteckt, die nicht verzerrt werden sollen und die zugleich als Dreh- und Ankerpunkt bei Transformationen gelten. Durch das Verschieben einzelner oder mehrerer Pins (Mehrfachauswahl) wird das Objekt zurechtgebogen (6) und der Formgitter-Befehl abschließend beendet. (7)

3. Einrichten eines Formgitters
Zur Einrichtung eines Formgitters gibt es verschiedene Optionen, die Du kennen solltest. In dem Menü Dichte (8) hast Du die Wahl zwischen Weniger Punkte, Normal oder Mehr Punkte. In der Abbildung sehen Sie, wie das Gitter zunehmend engmaschiger wird. Je mehr Punkte vorhanden sind, desto dichter kannst Du einzelne Pins nebeneinander setzen. Das ist gerade bei sehr detaillierten und filigranen Anpassungen nützlich. Mit der Ausbreitung (9) kannst Du das Formgitter über die Kanten der Auswahl bzw. Ebene hinweg vergrößern. Somit vermeidest Du, dass einige Randpixel versehentlich nicht mit transformiert werden und dann als hässliche Überbleibsel um das Motiv angezeigt werden. Am besten zoomst Du stark heran und prüfst die Ränder des Formgitters auf Übereinstimmung mit dem Motiv. Das eingeblendete Formgitter kann insbesondere bei der Arbeit mit detailreichen Motiven bei der Beurteilung des Ergebnisses sehr stören. Deaktiviere die Checkbox Gitter einbl. (10) um ausschließlich die Pins anzuzeigen.

Änderungen widerrufen
Während Du am Formgitter arbeitest, lassen sich leider keine Schritte rückgängig machen. Falsch oder versehentlich gesetzte Pins müssen markiert und mit der Taste Entf gelöscht werden.
3.1 Pins setzen
Zum Setzen von Pins klickst Du einfach an die Stelle auf das Formgitter um die bzw. an der gedreht und gezogen werden soll (12). Versuche, Gelenke von Personen, Tieren etc. aufzugreifen um eine glaubwürdige Verzerrung zu erzielen. Ist eine Stelle um die verbogen werden soll sehr breit, wie hier am Ellbogen (11), verwende versuchsweise mehrere Ankerpunkte.

Zum Verschieben von Pins- und damit dem Verzerren des Objekts, klickst Du auf einen Pin um ihn zu markieren (13). Als Indikator dafür erhält er einen schwarzen Punkt in der Mitte. Ziehe ihn nun mit der Maus an die gewünschte Position. Mit gehaltener Shift-Taste kannst Du der Auswahl weitere Pins hinzufügen, bzw. ausgewählte Pins abwählen.

3.3 Modus wählen
Im Menü Modus (14) hast Du die Möglichkeit zwischen Normal, Verzerren und Starr zu wählen. Dies beeinflusst, wie Photoshop die Bereiche zwischen zwei gesetzten Pins verarbeitet. Im Modus Starr wird versucht die Bildbereiche möglichst gerade zu belassen (15). Im Modus Verzerren werden sie eher wie eine biegsame Gummimasse behandelt (16). Der Modus Normal ist der Mittelweg.

3.4 Pintiefe
Beim Verzerren von Objekten kann es dazu kommen, dass zuvor voneinander getrennte Bildbereiche sich auf einmal überlappen. Um festzulegen welcher Bereich zu sehen ist, oder im Hintergrund verschwindet, wähle einen einzelnen Pin und schalte die Pintiefe (17) nach Oben oder Unten durch. Die Auswirkung davon wird an (18) bzw. (19) klar erkennbar.

3.5 Pins drehen
Anstatt einen Pin zu verschieben und damit das Motiv zu transformieren, kannst Du auch das Motiv um einen einzelnen Pin herumdrehen. Markiere ihn dazu (19) und gib in der Optionsleiste (20) einen Wert ein. Alternativ kannst Du die Alt-Taste drücken und dicht neben einem Pin mit der Maus ziehen. Ein gebogener Pfeil symbolisiert die Drehen-Funktion.

4. Formgitter korrigieren
Mit dem Bestätigen des Formgitter-Befehls werden die Änderungen direkt in die Ebene eingerechnet. Eine nachträgliche Anpassung ist ausschließlich dann möglich, wenn Du dein Motiv vor der Transformation in ein Smart-Objekt konvertiert hast. In diesem Fall erscheint es in der Ebenenpalette als Smartfilter, den Du per Doppelklick darauf (20) aufrufen kannst.

Fallbeispiel 1: Bildwirkung ändern
Ein konkretes Anwendungsbeispiel für das Formgitter ist die verhältnismäßig schnelle Anpassung einer Bildwirkung. Die hier gezeigte Schlange liegt aufmerksam, aber- für mich als Laien, friedlich am Boden. Der Kopf mit Halsansatz wurde auf einer separaten Ebene freigestellt und der Hintergrund ein wenig retuschiert (siehe Arbeitsdatei).

Mit einem dichten Formgitter habe ich die Kopfhaltung verändert. Der Hals wurde ein wenig gestreckt und mitsamt dem Kopf in eine aufrechtere Haltung gebracht. Um den durch die starke Verzerrung entstandenen Knick am Hals im Detail „gerade zu bügeln“ habe ich hier mehrere Pins gesetzt. Gleiches gilt für den Kopf, der mit weniger Pins recht ausgefranst wirkte.

Das Ergebnis ist eine Schlange, die nicht mehr friedlich am Boden liegt, sondern Ihren Kopf bedrohlich in die Höhe reckt. Im Übergangsbereich zwischen dem alten und neuen Halsansatz habe ich mit dem Stempelwerkzeug die verzerrten Schuppen ein wenig korrigiert und die Unterkante des Kopfes leicht weichgezeichnet. Alles in Allem eine Arbeit von 10 Minuten.

Fallbeispiel 2: Animation
Ein klassisches Anwendungsbeispiel für das Formgitter ist das Aufbereiten von Animationen. Der englische Begriff „Puppet Tool“ (Puppen Werkzeug) legt den Sinn und Zweck dahinter nahe. Mit beschränktem Aufwand lassen sich Bewegungsfolgen erstellen und als Animation über die Animationen-Palette bzw. als Bildsequenz für andere Anwendungen ausgeben.

Das vordere rechte Bein wurde freigestellt und die Schneelandschaft dahinter mit dem Reparaturpinsel und dem Stempel retuschiert. Am oberen Rand wurde das Bein mit mehreren Pins festgesetzt, um ein Drehen um diese Kante zu vermeiden. Je ein Pin an den Gelenken als Drehachse und einer am Huf zum Bewegen des Hufs reichen aus, um das Bein flexibel zu bewegen.

Das Ergebnis ist hier in fünf Miniaturen zu erkennen. Links Oben die ursprüngliche Haltung, in der unteren Reihe dann mit jeweils dezent angepasstem Formgitter die Bewegung des Beins hin zur fast gestreckten Haltung am Boden. Spätestens hier ist der Einsatz eines Smart-Objekts mit der Möglichkeit einer nachträglichen Anpassung Pflicht!

Ich entschuldige mich übrigens bei allen Tier- und Pferdefreunden für die anatomisch sicherlich nicht korrekte Transformation des Pferdebeins. Im echten Leben müsste der Andalusier nun wohl zum Tierarzt. Für dieses Funktionsbeispiel bitte ich um Nachsicht.
Fallbeispiel 3: Panos stitchen
Auch wenn die Funktion Photomerge zum Erstellen von Panoramabildern inzwischen recht ordentliche Dienste leistet, kommt Photoshop manchmal dennoch nicht mit dem Zusammenfügen zurecht. Mit dem Formgitter lassen sich versetzte Kanten zweier Fotografien (21) recht zügig zurecht schieben, so dass ein nahtloser Übergang entsteht.

An den Eckpunkten der anzupassnenden Ebene wird je ein Pin gesetzt um sie zu fixieren (22). Ein weiterer Pin wird an jede Versatzstelle gesetzt (23), so wie jeweils einer mit ein wenig Abstand darüber und darunter. Beim senkrechten Verschieben der „Versatz-Pins“ wird die Naht korrigiert, die ergänzenden Pins verhindern jedoch eine Verzerrung der intakten Bildbereiche.

Das Ergebnis ist ein sauberer Übergang der beiden Motive ohne sichtbare Kanten oder Versatzstücke. Je nach Ungenauigkeit müssen Sie mit einem engeren Gitter und einer erhöhten Anzahl an Pins arbeiten. Versuche auch einmal die Kombination aus Photomerge und dem anschließenden Feinschliff per Formgitter, sofern Photoshop geschlampt hat.

Was ist Deine Meinung?
Hast Du weitere Anregungen, wie sich das Formgitter sinnvoll nutzen lässt?
1 Comment
Netter Blog! Danke für die nützlichen Informationen, ich bin ein Anfänger im Photoshop, also nehme ich an, dass er mir helfen wird 🙂